10. 12. 2012 - böhlein finanzmanagement GmbH: Dienstleistung auf Honorarbasis
Zum VideoZum ergänzenden InterviewteilToni Kuhn, AssCompactThomas Böhlein arbeitete über 25 Jahre als Vertreter für den Deutschen Herold, bevor dieser zur Zurich gehörte. Im Jahr 2005 kündigte er seinen Ausschließlichkeitsvertrag und entschied sich für die Unabhängigkeit. „Der Grund war, dass ich zu der Überzeugung kam, dass ich mit einem Produktpartner in unserer Branche am Markt nicht dauerhaft kundengerecht beraten kann“, erklärt er. Doch auch das war ihm noch nicht genug Unabhängigkeit. Als 2008 das Produktinformationsblatt eingeführt wurde, begann er, sich auf vielfältigen Wegen über die Honorarberatung zu informieren. Rückblickend berichtet er: „2009 habe ich auf dieser Grundlage für mich entschieden, dass wenn nur 20% von dem, was ich herausgefunden habe, wahr ist, es grundsätzlich nicht mehr vertretbar ist, dem Kunden weiterhin courtagepflichtige Tarife anzubieten.“ Dabei ging es ihm besonders um die Kosten, die im Produktinformationsblatt erstmals von Versicherern offen- gelegt wurden: „Daraus lässt sich ablesen, dass viele Versicherer damit kalkulieren, dass unterm Strich 6% Wertentwicklung tatsächlich beim Kunden hängen bleibt. Rechnet man das nach, merkt man schnell, dass dies zusammen mit den weiteren Kosten weit weg von der Realität ist.“ Aus diesen Erkenntnissen heraus zog der Makler Konsequenzen: 2010 machte er aus seinem Einzelunternehmen wegen Haftungsgründen zuerst eine Gesellschaft, die böhlein finanzmanagement GmbH. Wenige Monate später, im April 2010, stellte er sein Geschäftsmodell komplett um und arbeitet seitdem fast ausschließlich für Honorar. Er nennt es „Dienstleistung auf Honorarbasis“, nicht „Honorarberater“, weil er weiterhin Beratung und Vermittlung in einem bieten möchte. Sein Maklerbüro liegt in Hollfeld, einem kleinen Ort am nördlichen Rande der Fränkischen Schweiz. Seine Mandanten, überwiegend Privatkunden aus der Region, berät er in den Bereichen Altersvorsorge, Komposit und Risikovorsorge. Je nach Sparte arbeitet er zum Teil mit unterschiedlichen Honorarmodellen. Im Bereich Altersvorsorge nutzt er die Services der HonorarKonzept GmbH. Sie unterstützt ihn bei der Vertragsgestaltung und übernimmt die komplette Abwicklung. „Das Unternehmen bietet ein einheitliches Vertriebsinstrument, das sie angeschlossenen Maklern zur Verfügung stellt“, erklärt Böhlein. Damit kann er dem Kunden die Kosten vorrechnen und daraus automatisiert Honorarverträge sowie die Versicherungslösung erstellen. Kombination aus Nettotarifen und ProvisionsrückzahlungEine Umstellung auf das Honorarmodell ist laut Böhlein weniger kompliziert, als viele meinen. Trotzdem will sie durchdacht sein: „Die Umstellung ist ein Lernprozess und muss schrittweise erfolgen“, so Böhleins Ansicht. „In unseren Köpfen ist häufig noch zu stark die alte Welt vorhanden.“ Im Kompositbereich hat Böhlein ein eigenes Honorarkonzept entwickelt. Hier bietet er seinen Kunden die Möglichkeit, zwischen sogenanntem Classic-, Comfort- und Exklusivmodell zu wählen. Dies geht auf eine Überzeugung Böhleins zurück: „Ich kann dem Kunden das Honorarmodell nicht aufzwingen. Er muss frei entscheiden können.“ Beim Classicmodell bleibt daher die Vergütungsform der Courtage bestehen. Jedoch muss der Kunde zusätzlich für Böhleins Dienstleistungen bezahlen. Eine Provisionsrückvergütung erhält er nicht. Böhlein erklärt: „Im Maklergesetz steht nicht, dass ich für eine Schadensbearbeitung kein Geld nehmen darf. Mein Job ist, dem Kunden eine Versicherung bedarfsgerecht zu vermitteln. Wenn der Kunde einen Schaden hat, dann muss er im Classicmodell für die Schadensbearbeitung mehr bezahlen als im Comfortmodell.“ Im Comfortmodell erstattet Böhlein nämlich die Provision zurück. Dafür zahlt der Kunde ein einmaliges Einrichtungshonorar ähnlich der Abschlusscourtage sowie eine jährliche Verwaltungsvergütung. Wählt der Kunde das Exklusivmodell, so zahlt er eine monatliche Servicepauschale, die alle Leistungen von Böhlein beinhaltet. Die meisten seiner Kunden haben sich mittlerweile für dieses Modell entschieden. „Viele Gesellschaften machen das noch nicht mit“An der Auswahl der Gesellschaften hat sich für Böhlein wenig geändert. „Im Kompositbereich versuche ich mit den bisherigen Courtageversicherern auf Nettotarife umzustellen. Manche Versicherer policieren auch courtagefrei“, so der Makler. Die Haftpflichtkasse Darmstadt oder auch die InterRisk haben laut Böhlein beispielsweise einen eigenen Zugang für Honorarberater. Er schließt mit dem Versicherer dann lediglich eine Vermittler- oder Vertriebsvereinbarung. So wird auch kaum Verwaltungsaufwand seitens des Versicherers nötig, was wiederum Kosten spart. „Dadurch werde ich auch in meinem Back-Office entlastet. Ich muss keine dreißig Courtageabrechnungen verwalten“, freut sich der Makler. Der Großteil der Versicherer macht dies jedoch noch nicht mit. Immer wieder muss er Kunden auch herkömmliche Bruttotarife verkaufen. In diesem Fall vereinbart er mit ihnen ein Pauschalhonorar für den Arbeitsaufwand und erstattet anschließend die Courtage zu 100% zurück. So zum Beispiel auch im Bereich der Risikovorsorge. Keine Stornohaftung, kein Stornoabzug und mehr UnabhängigkeitIm Kompositbereich gibt es laut Böhlein noch die meisten Nettotarife. Für das Honorar hat er, je nachdem, ob der Kunde ein Bestandskunde ist oder ein Neukunde, der gezielt auf ihn zukam, verschiedene Ansätze. Dazu gehört das Stundenhonorar. Im Kompositbereich hat er für sich den Arbeitsaufwand inklusive Backoffice, Antrag, Angebot und Dokumentation analysiert und berechnet anhand dessen sein Stundenhonorar. „Das ist dann für jedes Maklerbüro unterschiedlich, weil jeder einen anderen Kostenapparat hat“, so der Makler. Auch eventuelle Fahrtkosten Böhleins zahlt der Kunde.Das Erstgespräch ist aber grundsätzlich kostenlos. „Ich möchte und muss dem Kunden erst seine Mehrwerte durch die Honorarberatung aufzeigen“, so Böhleins Begründung. Dafür nimmt er sich Zeit. „Es bedarf sehr viel Aufklärungsarbeit im Bezug auf die Kosten und man muss mit dem Kunden gerade am Anfang sehr viel sprechen. Wenn man transparent beraten will, sollte man sich aber auch die Zeit nehmen. Aber der Aufwand lohnt sich für beide, für den Kunden wie auch für mich“, erklärt er weiter. Denn die Vorteile für Makler liegen laut Böhlein klar auf der Hand: keine Stornohaftung, kein Stornoabzug und die weitgehende Loslösung aus der finanziellen Abhängigkeit von den Versicherungsgesellschaften. „Das sind drei Punkte, die mein Unternehmen auch standhafter für die Zukunft machen. Es kann nicht sein, dass eine Versicherungs-gesellschaft bestimmt, was ich verdiene. Ich bin Unternehmer, ich mache meine Preise wie jeder andere Unternehmer auch.“ Durch den Verzicht auf Courtagen verdient Böhlein nicht weniger. Im Gegenteil: „Ich habe meine Umsätze um 30% gesteigert, seit ich gegen Honorar berate“, so der Makler. Häufiger bieten die Gesellschaften courtagefreie Tarife. „Im Bereich Altersvorsorge gibt es zum Beispiel nur wenige echte Nettotarife“, berichtet Böhlein. Hier berechnet er für die Beratung ein Einmalhonorar. Das Betreuungshonorar verlangt er für die weitere Betreuung der Verträge und nachfolgende Gespräche. Es wird von HonorarKonzept verwaltet und entspricht der Betreuungscourtage. „Das Einmalhonorar kann ich frei gestalten, ich biete auch Ratenzahlung an, wenn einer das lieber möchte.“ Über HonorarKonzept gibt es die Möglichkeit der Honorarfinanzierung in Form von „Factoring“. Dabei wird das Honorar ähnlich wie bei der Courtage auf mehrere Jahre verteilt, je nachdem, wie der Kunde es wünscht. Der Unterschied ist auch hier, dass es keine Stornobelastung gibt, sollte der Kunde frühzeitig kündigen. „Honorar gilt als verdient, weil das Honorar für die Beratung und Einrichtung des Honorartarifes gezahlt O wird. Dennoch hat der Kunde einen Mehrwert, weil die Kosten im Nettotarif trotz Factoringkosten immer noch wesentlich geringer sind“, erklärt Böhlein. Der Kunde hat die EntscheidungDie Resonanz der Kunden ist laut Böhlein überwiegend positiv, weil der Kunde durch die Honorarmodelle einen Mehrwert in Form von Einsparungen im Rahmen der Nettotarife oder der courtagefreien Tarife hat. Bis auf eine Ausnahme haben in den letzten zwei Jahren alle seine Kunden das Honorarmodell gewählt. „Für mich ist das auch ein Vertrauensbeweis“, ergänzt Böhlein. „Und falls der Kunde es gar nicht will, kann er immer noch das Classicmodell, sprich die Bezahlung über Courtage, wählen.“Dass ein Kunde nicht zahlt, kommt laut Böhlein nicht vor. „Je transparenter ich die Gespräche führe, desto weniger Probleme gibt es“, so seine Begründung. Im Bereich der Altersvorsorge kümmert sich HonorarKonzept um das Controlling und verschickt die Rechnungen. Bei seinem eigenen Honorarmodell ist er gerade auf der Suche nach Marktanbietern, um das Forderungsmanagement auszulagern. Hier zählt für den Makler die Effektivität: „Wenn ich Servicepauschalen habe, die monatlich abgebucht werden, dann muss ich das auslagern, weil es sonst zu aufwendig wird.“ Denn Böhlein hat kein großes Back-Office im Hintergrund. Er ist alleiniger Geschäftsführer mit drei Angestellten. Darunter ist eine Vollzeitkraft in der Vertriebsunterstützung für die Terminierung und Verträge zuständig. Zwei Halbtagskräfte kümmern sich um die Provisions- und Honorarkontrolle sowie die Buchhaltung. Seit 2012 bietet Böhlein seinen Kunden zur Zeitersparnis auch Onlineberatung an. Dies hatte den Nebeneffekt, dass er seinen Kundenstamm über die regionalen Grenzen hinaus erweitern konnte. Auch dafür nimmt er ein Stundenhonorar. Die Beratung erfolgt via Chat, Videochat oder telefonisch. Über seine Webseite hat er die Möglichkeit geschaffen, die Verkaufsschritte online zu erklären. Zum Teil nutzen auch seine regionalen Bestandskunden die Onlineberatung und sparen so zum Beispiel Fahrtkosten. Genau wie Böhlein selbst: „Ich versuche, die zeitgemäßen Medien zu nutzen, damit ich nicht wegen jeder Kleinigkeit zum Kunden fahren muss.“„Die Bereitschaft der Vermittler muss erst einmal da sein“Böhlein möchte seine Erfahrung mit der Umstellung auf Honorarberatung an andere Makler weitergeben. Dies ist Teil seines Geschäftsmodells. Grundlegend sind für ihn dabei zwei Dinge: „Das Wichtigste ist, dass man seine Denke umstellt, vom Versicherungsmakler hin zum Dienstleister. Damit meine ich die Einstellung, dass mich der bezahlt, den ich berate.“ Weiterhin müssen Makler laut Böhlein die Bereitschaft haben, sich intensiv mit dem Produktinformationsblatt auseinanderzusetzen: „Gerade in der noch immer verrufenen Branche, in der wir tätig sind, und dadurch, dass der Kunde immer besser informiert ist, müssen wir transparent arbeiten und aktiv über das Produktinformationsblatt beraten. Abgesehen davon ist es eine Gesetzesgrundlage.“ Am Markt gibt es laut Böhlein dafür genügend Hilfestellungen, auch wenn die Lobby der Versicherer noch immer in eine andere Richtung drängt und die Gesetzgebung auf sich warten lässt. „Ich bin froh, dass die EU und die Verbraucherschützer auf dem Vormarsch sind und dem Kunden die Augen öffnen. Der Kunde zahlt so oder so, nur weiß er es meist nicht“, denkt Böhlein deshalb. Aus Kundensicht ist die Beratung gegen Honorar für ihn der einzig faire Weg: „Der Kunde kriegt das 2,5-fache für das gleiche Geld. Und jetzt nennen Sie mir einen Grund, warum er dies nicht tun sollte. Es gibt keinen, wenn ich offen mit dem Kunden darüber spreche. Aber diese Bereitschaft seitens der Vermittler muss erst einmal da sein.“
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