Gastbeitrag von Fachanwalt für Versicherungsrecht Stephan Michaelis LL.M. - Redlicher Versicherungsnehmer bekommt kein Geld! Haftet dafür der Makler?

Stephan Michaelis
Kann man sich überhaupt vorstellen, dass ein redlicher Versicherungsnehmer seine vorvertragliche Anzeigepflicht verletzen könnte? Dies klingt doch schon wie ein Widerspruch in sich. Allerdings kann sich der redliche Versicherungsnehmer auch „Hilfspersonen“ bedienen. Hier kommt dann der Versicherungsmakler ins Spiel. Fraglich ist doch aber, ob die Erklärungen eines Versicherungsmaklers dem Kunden oder gegebenenfalls dem Versicherer zuzurechnen sind? Wer haftet für wen?
Mit einem solchen interessanten Fall hatte sich jüngst das Oberlandesgericht Dresden (4. Zivilsenat) mit seinem Urteil vom 03. April 2018 zu beschäftigen (Az. 4 U 698/17).
Wie ist es also, wenn möglicherweise der Versicherungsmakler arglistig handelt oder dies zumindest durch ein Gericht so bewertet wird? Denn bei Arglist besteht ein Jahr lang (ab Kenntnis des Versicherers) ein Anfechtungsrecht nach § 123 BGB. Durch die Anfechtungserklärung des Versicherers kann also das Vertragsverhältnis rückwirkend aufgehoben werden. Folglich hätte dann der Versicherungsnehmer keinen Versicherungsschutz, weil der Vertrag entfällt.
Was war - in Kurzfassung - genau vorgefallen? Der Kunde bekam einen Papierantrag für das Wohngebäude zzgl. Elementarschäden und teilte hierauf ordnungsgemäß zwei Vorschäden mit. Einen kleineren über nur € 250,00 und einen größeren Vorschaden durch ein Hochwasserereignis, welcher von dem damaligen Versicherer mit € 180.000,00 reguliert wurde. Der Versicherungsnehmer hat also alles wahrheitsgemäß auf dem Antrag mitgeteilt und ist zweifelsohne redlich!
Der Makler war einem Maklerpool angeschlossen, die als Assekuradeurin in Vollmacht und in Vertretung vom Risikoträger die Versicherungsverträge policierte. Dabei kam es über den Makler zu einem sogenannten „Online-Antrag“. In diesem wurde nur der kleine Vorschaden über € 250,00 mitgeteilt. Es wurde angegeben, dass das Versicherungsgrundstück in den vergangenen 10 Jahren nicht von Elementarschäden bedroht gewesen wäre. Die weitere Frage nach einer bisherigen Überschwemmung wurde verneint. Die Frage nach einer Schadenhöhe wurde nicht ausgefüllt.
Damit wich der Online-Antrag des Maklers ganz erheblich von dem ursprünglichen Papier-Antrag des Kunden ab. Diese Angaben im Online-Antrag betrachteten die Richter in Ansehung der wahren Rechtslage als arglistig falsch. Denn es war bekannt, dass bereits ein Elementarschaden durch Hochwasser im Juni 2013 vom damaligen Versicherer mit € 180.000,00 reguliert wurde. Die unrichtige Mitteilung des Versicherungsmaklers aber entgegen der redlichen Ausführungen des Versicherungsnehmers sei arglistig, sodass der Versicherer für das neue Schadenereignis leistungsfrei sei. Denn die Erklärungen des Versicherungsmaklers müsse sich der Kunde zurechnen lassen. Damit ist dieser Fall weitestgehend abgeschlossen.
Dennoch entsteht hieraus natürlich die ergänzende Frage, ob nicht der Versicherungsmakler gegenüber seinem Kunden haftet? Diese Frage ist eigentlich klar zu bejahen. Es kann dabei dahinstehen, ob es sich um ein grobfahrlässiges oder sogar vorsätzliches Fehlverhalten des Vermittlers handelt. In beiden Konstellationen haftet der Makler gegenüber seinem Kunden.
Problematisch ist aber der festgestellte Vorwurf der Arglist in vorliegender Konstellation. Denn dann ist der Vermögensschaden-Versicherer des Maklers nicht leistungspflichtig. Der arglistig handelnde Versicherungsmakler hat keinen Versicherungsschutz. Da kann ein Kunde nur hoffen, dass der Makler selbst hinreichende Vermögenswerte hat, um den vorliegenden nicht unerheblichen Schaden von mindestens € 120.000,00 überhaupt bezahlen zu können.