Wie der Barwert den Blick auf …

Wie der Barwert den Blick auf die Finanzen schärft

Die Beurteilung von Geldanlagen verleitet die meisten Privatleute zur Addition von Einnahmen und Ausgaben. Das scheint einfach, praktisch und gut zu sein. Leider trügt der schöne Schein. Das Zusammenzählen von Zahlen ist bei Geldgeschäften aller Art von Übel, weil bei diesem Vor­gehen der Faktor Zeit unter den Teppich gekehrt wird. Daher ist es kein Wunder, dass die Liebhaber der Addition gelegentlich auf Abwege geraten. Einzige Möglichkeit, auf den Pfad der kaufmännischen Tugend zurückzukehren, sind Barwerte. Hier werden die künftigen Zahlungen auf die Gegenwart abgezinst, so dass korrekte Vergleiche unterschiedlicher Produkte und Zahlungsströme möglich sind. Am Ende ist der Topf jeweils leer. Das wird an zwei Beispielen aus dem Alltag deutlich, die ich an dieser Stelle analysiert habe. Beispiel 1: Was macht eine junge Mutter im Alter von 30 Jahren mit Kleinkindern, wenn der Ernährer der Familie stirbt? Die Familie braucht eine Risikolebensversicherung. Wer nüchtern an die Sache herangeht, wird das Haushaltsbuch aufschlagen, um die Frage zu beantworten, wie viel Geld jeden Monat benötigt wird. Dann ist zu klären, wie lange die Zahlung benötigt wird. Außerdem sind Prognosen über die Höhe der Geldentwertung und den Zins für die An­lage der Versicherung zu treffen. Antworten liefert die bewährte Barwertbetrachtung: Zukünftige Zahlungen werden auf die Gegenwart abgezinst. Wenn die Frau monatlich eine Summe von 2.000 Euro benötigt, die 50 Jahre – also nahezu lebenslang – fließen und jedes Jahr um 2,0 Prozent steigen soll, gilt bei einem Anlagezins für die Police von 2,0 Prozent ein Barwertvervielfältiger von 593,61. Der monatlich benötigte Betrag von 2.000 Euro muss also mit 593,61 multipliziert werden. Folglich benötigt die Familie eine fallende Risikolebensversicherung mit anfänglich 1,187 Millionen Euro Todesfallsumme, die auch in dieser Höhe von vielen Menschen bezahlbar ist. Beispiel 2: Wer erlebt hat, wie Versicherer versuchen, geschädigte Menschen mit Almosen abzuspeisen, fühlt sich an orientalische Basare erinnert. Eine Frau, 40 Jahre alt, wird durch den Behandlungsfehler eines Arztes an den Rollstuhl gefesselt. Das Gericht hat ihr lebenslang 3.500 Euro Rente zugesprochen. Nun soll der Versicherer zahlen, der in solchen Fällen gern eine einmalige Kapitalabfindung bietet. Die Barwertmethode ergibt: Falls die Invalidin noch 45 Jahre lebt, also die durchschnittliche Lebenserwartung erfüllt, und wenn das Geld jährlich 3,0 Prozent an Wert verliert, sollten die 540 Zahlungen von je 3.500 Euro um diesen Satz steigen. Das führt bei 2,5 Prozent Anlagezins nach Steuern zu einem Barwert von 2,08 Millionen Euro. Die berechtigte Forderung wird wohl bei keinem Schadenregulierer auf offene Ohren stoßen. Die üblichen Vorbehalte: Erstens sei nicht erwiesen, dass das Opfer noch 45 Jahre lebt, zweitens auch nicht, dass die Inflation künftig 3,0 Prozent im Jahr beträgt. Der Anlagezins von 2,5 Prozent sei zu pessimistisch, da auch Renditen von drei bis vier Prozent möglich wären. Eine Million Euro sei doch auch ein stolzer Betrag, und wenn die Frau mit dem Vorschlag einverstanden sei, könne der Betrag binnen einer Woche überwiesen werden. Gegen solche Angebote können sich Betroffene nur mithilfe eines versierten Anwalts wehren. Immerhin steigen Entschädigungen, die vor Gericht erstritten werden, von Jahr zu Jahr weiter an. Jeder vernünftige Finanzberater weiß aus Erfahrung, dass an den Barwerten von Renten und Konsum kein Weg vorbeiführt, wenn das Vermögen auf soliden Beinen stehen soll. Apropos Konsum: Wer im Rentenalter voraussichtlich 30 Jahre lang jeden Monat eine Summe von 2.000 Euro ausgeben will, die jedes Jahr um 2,0 Prozent steigt, weil eine Geldentwertung in dieser Höhe befürchtet wird, muss bei einem Anlagezins von 3,0 Prozent mit einem Barwert von etwa 617.320 Euro kalkulieren. Das hat zur Folge, dass der Barwert aller Ersparnisse samt zu erwartender Einnahmen aus gesetzlicher Rente, Pensionen und Betriebsrente deutlich mehr als eine halbe Million Euro betragen sollte, wenn das Geld für den Ruhestand tatsächlich reichen soll. portfolio international, 21.8.2013

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