Pflegereform: Bessere Leistungen durch höhere Beiträge
Die Menschen werden immer älter, so dass auch die Zahl der Pflegebedürftigen steigt. Laut Statistischem Bundesamt wird es bis zum Jahr 2055 allein durch die zunehmende Alterung rund 37 Prozent mehr pflegebedürftige Menschen in Deutschland geben. Dann werden statt heute knapp fünf Millionen rund sieben Millionen Pflegebedürftige zu versorgen sein.
Als Folge dieses Prozesses wird auch die Finanzierungslücke in der gesetzlichen Pflegeversicherung immer größer und viele Betroffene können den steigenden Eigenanteil an den Pflegekosten kaum mehr stemmen. Anlässlich des Tages der Krankenpflege geben die ARAG Experten einen Überblick über die geplante Pflegereform, die am 1. Juli in Kraft treten soll.
Das sind die Neuerungen
Die Pflege zu Hause stärken, die Leistungen in der Pflege verbessern und die finanzielle Belastung für Pflegebedürftige begrenzen – dies sind die Hauptziele der Pflegereform. Um diejenigen zu unterstützen, die Familienmitglieder zu Hause pflegen, sollen unter anderem das Pflegegeld sowie die ambulanten Sachleistungsbeträge für die Unterstützung durch professionelle Pflegekräfte zum 1. Januar 2024 um jeweils fünf Prozent erhöht werden. Darüber hinaus sollen pflegende Angehörige künftig jedes Jahr das Pflegeunterstützungsgeld für bis zu zehn Arbeitstage in Anspruch nehmen können. Bislang kann dieser Betrag laut ARAG Experten je pflegebedürftiger Person nur einmalig beantragt werden.
Hohe Kosten für Pflegebedürftige
Höhere Kosten für Pflegepersonal, Unterkunft und Verpflegung machen einen Heimplatz zu einem echten Luxusgut: Je nach Bundesland müssen Pflegebedürftige laut Verband der Ersatzkassen (vdek) für einen Platz im Heim im Schnitt rund 2.400 Euro monatlich aus eigener Tasche zahlen, wenn sie ein Jahr dort versorgt werden. Bei einer Unterbringung von mehr als drei Jahren fallen monatlich knapp 1.700 Euro Eigenanteil an, Tendenz steigend.
Mehr Entlastung
Um den steigenden Eigenanteil an der Pflege zu mindern, sollen die Zuschläge der Pflegekasse zu den Pflegekosten im Heim ab Januar 2024 steigen. Im ersten Jahr werden die Sätze von fünf auf fünfzehn Prozent angehoben, ab einer bis zu zweijährigen Unterbringung im Heim reduziert sich der Eigenanteil um 30 statt um 25 Prozent, dauert der Heimaufenthalt länger als 24 Monate, gibt es 50 statt 45 Prozent Zuschlag und nach 36 Monaten beträgt die Zuschlagshöhe 75 statt 70 Prozent. Die ARAG Experten weisen darauf hin, dass die 2022 eingeführten Entlastungszuschläge nur bei einer Unterbringung in vollstationären Pflegeeinrichtungen fällig werden und sich nur auf die reinen Pflege- und Betreuungsleistungen beziehen. Die Kosten für Unterbringung und Verpflegung müssen von den Pflegebedürftigen weiterhin aus eigener Tasche gezahlt werden.
Beitragssätze zur Pflegeversicherung sollen steigen
Im Rahmen der Reform soll der allgemeine Beitragssatz zur Pflegeversicherung zum 1. Juli 2023 um 0,35 Prozentpunkte auf 3,4 Prozent steigen. Grundsätzlich werden die Beiträge künftig nach Anzahl der Kinder gestaffelt : Wer keine Kinder hat, muss laut ARAG Experten mit einer Erhöhung des Beitragssatzes von 3,4 auf vier Prozent rechnen. Bei einem Kind gilt ein Beitragssatz von 3,4 Prozent, bei zwei Kindern beispielsweise wird der Beitrag um 0,25 Beitragssatzpunkte je Kind gesenkt. Laut ARAG Experten werden die Beiträge bis zum fünften Kind weiter abgesenkt. Allerdings gelten die Beitragsnachlässe nur während der Erziehungsphase bis zum vollendeten 25. Lebensjahr. Anschließend wird wieder der reguläre Beitragssatz in Höhe von 3,4 Prozent fällig. Mit der Beitragsstaffelung nach Anzahl der Kinder setzt der Gesetzgeber einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. April 2022 um.
Wenn die Rente nicht ausreicht
Pflegebedürftige, die die Kosten für einen Heimplatz nicht selbst zahlen können, haben die Möglichkeit Unterstützung vom Sozialamt zu beantragen. Dabei müssen Betroffene allerdings nachweisen, dass sie finanziell bedürftig sind, das eigene Einkommen also nicht ausreicht, um den Eigenanteil im Heim zu zahlen. Auch vorhandenes Vermögen muss grundsätzlich verwertet werden – mit Ausnahme des sogenannten Schonvermögens. Die Vermögensfreigrenze liegt hier laut Auskunft der ARAG Experten bei 10.000 Euro für Alleinstehende und Eheleute dürfen eine Reserve von 20.000 Euro besitzen. Bei der Berechnung der Bedürftigkeit werden Einkommen und Vermögen auch des Ehegatten bzw. Lebenspartners herangezogen. Kinder müssen unter Umständen erst für ihre Eltern zahlen, wenn ihr Jahresbruttoeinkommen 100.000 Euro übersteigt. Zudem können Pflegebedürftige Wohngeld beantragen.
Die ARAG Experten weisen darauf hin, dass der Gesetzentwurf zum PUEG nun noch den Bundestag und Bundesrat passieren muss.