Wenn Waschanlage und Fahrzeug nicht matchen - ARAG Experten mit einem wegweisenden BGH-Urteil, das sich gewaschen hat
Ob in Cowboy-Manier mit Hochdruckreiniger, in Waschbox oder Waschstraße – ein sauberes Fahrzeug schätzen wohl die meisten Besitzer. Doch der Weg dahin gestaltet sich oft schwierig. Vor allem in Waschboxen und -straßen kann es vorkommen, dass Autos darin beschädigt werden. Die Schuldfrage sorgt regelmäßig für Streitereien, die nicht selten vor Gericht landen. Nun gibt es ein weiteres, sogar wegweisendes Urteil zum Thema. Die Richter des Bundesgerichtshofs haben erst gestern ein Urteil gesprochen, was reinliche Autofahrer freuen dürfte. Die ARAG Experten klären auf.
Der aktuelle Fall
Ein Range Rover mit serienmäßig ausgestattetem Heckspoiler passte offensichtlich nicht so recht zur Waschanlage. Am Ende war der Wagen zwar blitzeblank, aber um ein Teil leichter: Denn während des Waschvorgangs war der Heckspoiler abgerissen. Der genervte Fahrer verlangte daraufhin mehr als 3.000 Euro Schadensersatz vom Betreiber der Waschanlage, eine Nutzungsausfallentschädigung von 119 Euro für den Tag der Fahrzeugreparatur sowie die Freistellung von Rechtsanwaltskosten. Doch der Waschanlagen-Betreiber weigerte sich, die Kosten zu übernehmen. Immerhin gab es diverse Hinweis- und Warnschilder, unter anderem eines, was die Haftung für Anbauteile und Heckspoiler ausschloss. Am Ende landete der Fall vor dem Bundesgerichtshof (Az.: VII ZR 39/24). Und dort entschieden die Richter, dass dem Range-Rover-Fahrer sehr wohl ein vertraglicher Schadensersatzanspruch zustehe. Sie waren der Ansicht, dass ein Waschanlagenbetreiber neben der Reinigung des Wagens die Nebenpflicht habe, das Fahrzeug vor Beschädigungen zu bewahren. Und da der Heckspoiler ordentlich angebracht und sogar serienmäßig zum Fahrzeug gehöre, sei zudem auch der Warnhinweis nicht ausreichend, da er sich nicht auf die serienmäßige Ausstattung bezog. Gleichzeitig dürfe ein Kunde darauf vertrauen, dass sein Fahrzeug mitsamt allen serienmäßig außen angebrachten Teilen den Waschvorgang unbeschädigt übersteht. Die ARAG Experten weisen darauf hin, dass Betreiber es aber in der Hand haben, bestimmte Fahrzeugmodelle, die sie für schadensanfällig halten, von der Benutzung ihrer Anlagen auszuschließen. Darauf müssen sie betroffene Fahrzeughalter allerdings explizit hinweisen.
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Stellung von Heckscheibenwischern in der Waschstraße vorgeschrieben?
Die ARAG Experten weisen darauf hin, dass es in Waschstraßen keine vertragliche oder gesetzliche Verpflichtung gibt, Heckscheibenwischer in eine waagerechte Position zu bringen, um die Waschstraße nutzen zu dürfen. In einem konkreten Fall war der hintere Scheibenwischer eines Fahrzeugs während des Waschvorgangs abgerissen und hatte am folgenden Fahrzeug Lackschäden verursacht. Der Geschädigte verlangte daraufhin Schadensersatz vom Fahrer vor ihm, weil dieser seinen Scheibenwischer in senkrechter Position gelassen hatte. Doch vor Gericht zog er den Kürzeren. Die Richter sahen keine Pflichtverletzung im senkrecht stehenden Scheibenwischer. Und da der Fahrer nicht der Betreiber der Waschanlage war, hatte er auch keine Verkehrssicherungspflicht (Landgericht Stendal, Az.: 22 S 6/22).
Geteiltes Leid ist halbes Leid
Manchmal liegt die Wahrheit aber auch in der Mitte. Und so müssen sich zwei Streithähne jetzt einen Schaden teilen. Im vorliegenden Fall bremste ein Autofahrer während des Waschvorgangs, weil sein Vordermann verzögert aus der Waschstraße herausfuhr. Durch den Bremsvorgang rutschte das Fahrzeug vom Transportband und wurde dabei beschädigt. Er verlangte daraufhin Schadensersatz vom Vordermann. Doch dessen Haftpflichtversicherung verweigerte die Zahlung, denn der Grund für das verzögerte Verlassen der Waschanlage war nicht etwa Unaufmerksamkeit des Fahrers, sondern ein bockiges Auto, das erst nach einigen Startversuchen wieder ansprang. In zweiter Instanz sprachen die Richter des Oberlandesgerichts Zweibrücken schließlich beiden Fahrern eine Teilschuld zu. Allerdings weisen die ARAG Experten darauf hin, dass der Bremser mit 70 Prozent die Hauptschuld trug. Denn ihm hätte klar sein müssen, dass ein Bremsvorgang in einer Waschstraße nicht gut ausgehen kann. Zudem gab es eindeutige Warnhinweise in der Anlage, die darauf hingewiesen haben (Az.: 1 U 63/19).